Roßlau bekommt eine Rundburg

14.04.2021 Helle Aufregung herrscht in Roßlau wegen des Anfang dieses Jahres aufgestellten touristischen Leitsystems. Diese Marketingaktion der Stadt ist an sich zu begrüßen, wenn es auch noch viel begrüßenswerter gewesen wäre, wenn die Stelen mit den Slogans „Dessau eben“ und „Roßlau eben“ mit jeweils einem der vier entsprechenden Dreiklänge schon zum 100jährigen Bauhausjubiläum vor zwei Jahren aufgestellt worden wären.

Für den Stadtteil Roßlau hatte es zur Erarbeitung des eigenen Dreiklangs in den Jahren 2017/2018 mehrere Beratungen gegeben, an denen auf Einladung der Stadtmarketinggesellschaft Vertreter des Wirtschaftsförderungsamts, des Ortschaftsrates Roßlau sowie des Stammtisches der Vereine teilnahmen. Aus den verschiedenen Vorschlägen wurde dann einhellig der Dreiklang „Zeitgeist – Elbe – Wasserburg“ gewählt. Diesen Dreiklang haben schon kurz danach die Stadtwerke Dessau für die sehr gelungene Gestaltung des am Schweinemarkt befindlichen Trafohäuschens aufgegriffen. Die vor kurzem in dessen Nähe aufgestellte Stele mit dem Dessauer Dreiklang „Gropius – Louise – Tante Ju“ finde ich persönlich deplatziert. Hier hätte der Roßlauer Dreiklang die Gestaltung des Trafohäuschens wie auch die Sehenswürdigkeiten Roßlaus näher erläutert werden können.

Wer kam denn nun eigentlich auf die Idee bzw. wer hat es zu verantworten, Roßlau mit dem Dreiklang „Kaufhaus – Rundburg – Schifferstadt“ zu bewerben? Und mit wem ist dieser völlig von der gemeinsam vereinbarten Formulierung abweichende Slogan besprochen worden? Für die Roßlauer ist es ihre schöne alte Wasserburg und nicht die Rundburg, auch wenn vom Amt versucht wird, architektonisch zu erklären. Dies kann nur zu Irritationen und Verwirrungen nicht nur bei den Roßlauern führen, zumal auch die Literatur nur von der Wasserburg (Weyhe, Dehio) oder einfach nur von der Burg (Büttner, Harksen) spricht. Doch nirgends wird der Begriff „Rundburg“ gebraucht.

Die unverständliche Aufstellung der Stelen wurde umgehend, noch während der Bauphase von Ortsbürgermeisterin Christa Müller angesprochen, worauf ich es das erste Mal in der Sitzung des Haupt- und Personalausschusses am 20.01.2021 ebenfalls tat. Dabei wurde mir eine Erläuterung des Zustandekommens des Dreiklanges und eine entsprechende Information des Ortschaftsrates Roßlau zugesichert. Darüber hinaus sollten gegebenenfalls Änderungen vorgenommen werden.

Nach weiteren vier Wochen hat sich mein Fraktionskollege Hendrik Weber am 24. Februar 2021 im Haupt- und Personalausschuss in meiner Vertretung über die Beschriftung des Dreiklangs entgegen der Absprachen im Vorfeld verärgert geäußert. Der zuständige Dezernent Dr. Reck gab „Erläuterungen zum Dreiklang auf touristischen Leitelementen als Verknüpfung zu den drei Sehenswürdigkeiten im Gegensatz zum touristischen Dreiklang, der in der touristischen Ansprache verwendet wird“ (Sitzungsprotokoll).

Das soll auch erklären, warum an den Ortsaus- bzw. –eingängen an der B 184 und B 187 (Richtung Coswig und Zerbst) Stelen mit der Bewerbung „Dessau eben“ mit dem Dreiklang „Gropius – Louise – Tante Ju“ aufgestellt worden sind. Aber nicht nur dort, sondern auch vor dem Roßlauer Rathaus wurde eine „Dessau eben“-Stele mit ihrem „Herzlich Willkommen“ und „Auf Wiedersehen“ aufgestellt. Ist vor dem Dessauer Rathaus auch eine Stele mit der Bewerbung von „Roßlau eben“ zu sehen? Ich konnte sie (noch) nicht finden, was aber nach den Erläuterungen von Dr. Reck im Haupt- und Personalausschuss am 24. Februar 2021 eine logische Konsequenz gewesen wäre.

Und wer denkt, schlimmer kann es nicht kommen, der irrt. Tritt man aus dem Roßlauer Bahnhof, begrüßt einem auf der gegenüber aufgestellten Stele das Bauhaus mit „Dessau eben“. Den Roßlauer Dreiklang „Kaufhaus – Rundburg – Schifferstadt“ kann man suchend auf der Rückseite des Bahnhofs entdecken. „Roßlau eben“ ist dort häuserseitig aufgebracht und doch kaum zu finden. Ist man nun in der „Bauhausstadt Dessau“ oder doch in der „Schifferstadt Roßlau“ ausgestiegen?

Bis dato hat ein Gespräch mit dem Ortschaftsrat Roßlau nicht stattgefunden, obwohl dieser Ende Februar und Ende März tagte. Trotz der erwähnten frühzeitigen Intervention der Ortsbürgermeisterin hielt das Wirtschaftsförderungsamt an der Umsetzung der Aufstellung der kritisierten Stelen im Stadtgebiet Roßlau fest, verweigerte sich offensichtlich jeder Korrektur wie auch Aussprache mit den ehrenamtlichen Akteuren vor Ort, die sich mit viel Herzblut der Erarbeitung des Dreiklangs gewidmet hatten. Im Haupt- und Personalausschuss am 7. April 2021 habe ich die Thematik nochmals angesprochen. Nun zum dritten Mal in der Hoffnung, dass endlich eine Aufklärung über das unabgestimmte Handeln des Fachamtes erfolgt und mehr noch eine wünschenswerte Korrektur des Dreiklanges für Roßlau in Angriff genommen wird.

Silvia Koschig
Neues Forum – Bürgerliste

Wir für Dessau-Roßlau