Haushaltsentwurf zum Jahreswechsel

16.11.2020 Vor gerade mal zwölf Monaten standen wir am Ende eines erfolgreichen Jubiläumsjahrs, heute mitten im grauen Pandemiealltag. Wir gehen in einen harten Winter, der uns noch zu schaffen machen wird. Immerhin gibt es – mit mehreren Impfstoffen in Sicht – Hoffnung auf ein besseres Jahr 2021. Unseren LeserInnen wünsche ich Gesundheit, Kraft und Zuversicht.

Uns im Stadtrat wünsche ich den Weitblick, um die Grundlagen für ein wirklich neues Jahr zu legen

Der Haushalt 2021 – in Schieflage

Nicht nur die Sonderkosten und die sinkenden Einnahmen durch Corona belasten die Arbeit am Haushalt für 2021, dazu kommen stark reduzierte Landeszuweisungen. Zwar stehen dieser Last ein paar positive Auswirkungen durch verbesserte Bundeszuschüsse (wie bei den „Kosten der Unterkunft“) entgegen, doch ein ausgeglichener Haushalt ist unerreichbar. In normalen Jahren wird in so einer Situation ein Haushaltskonsolidierungskonzept beschlossen, welches Sparmaßnahmen bis zum Ausgleich einleitet. Nach intensiver Diskussion hat unsere Fraktion beschlossen, diesen Weg für 2021 nicht mit zu gehen.

Wir wollen mit voller Kraft in das Jahr starten und halten an den notwendigen Vorhaben fest. Die Sanierung von Fußwegen, Radwegen und Problemstraßen soll 2021 in voller Leistungsstärke der Verwaltung vorangetrieben werden, die Investitionen in Schulen und Kindergärten sind fortzuführen, den Auswirkungen der Klimaveränderungen müssen wir entgegenwirken. Die Liste ist lang, die meisten Projekte sind hier im Jahresverlauf dargestellt worden. Wir würden uns sehr wundern, wenn diesem Haushalt trotz Defizit die Genehmigung vom Land versagt würde. Land und Bund gehen finanziell derzeit weit über ihre normale Leistungsfähigkeit hinaus, um die schwierige Lage zu meistern. Wir müssen mitziehen, um positive Wirkungen auch für die Wirtschaft zu ermöglichen. Von allen Landkreisen und kreisfreien Städten Sachsen-Anhalts haben wir die geringste Verschuldung pro-Kopf, einmalig können wir das verantworten.

Doch die Verantwortung ist groß, die Zusatzleistungen 2021 dürfen die kommenden Haushalte nicht in Dauerdefizite treiben. Als im Oktober die Fraktionen verabredeten, keine zusätzlichen Haushaltsanträge zu stellen und sich auf die Umsetzung der Vorhaben aus dem Vorjahr zu konzentrieren, schien die Basis für einen breit getragenen Beschluss geschaffen. Leider haben (bisher?) zwei Fraktionen nun doch längere Listen mit teils dauerhaft haushaltsrelevanten Wünschen vorgelegt. Da steht noch viel Arbeit vor uns.

Kultur 2020-2030 – der Durchbruch?

Im Dezember soll im Stadtrat ein Beschluss „Arbeitsprogramm Kultur 2020-2030“ verabschiedet werden. Was 2011 als Kulturentwicklungsplanung auf Impuls der Initiative „Land braucht Stadt“ begann und als „Masterplan Kultur“ im zweiten Anlauf scheiterte, kommt nun nach etlichen Leerlaufphasen endlich zum Abschluss? Dass Arbeitsprogramm umfasst einen Maßnahmenkatalog mit ambitionierten Zielen. Ein neuer Museumscampus am Johannbau soll die Museen für Stadtgeschichte und Naturkunde vereinen, die Hauptbibliothek soll erweitert und zum Bibliotheks- und Begegnungszentrum entwickelt werden. Das Palais Dietrich (Wissenschaftliche Bibliothek) wird generalsaniert, ebenso das Blumengartenhaus. Weiterentwicklung des Tierparks, Erhalt und Modernisierung des Theaters und der Burg Roßlau. Eröffnung der Anhaltischen Gemäldegalerie, kulturelle Weiternutzung des Museumsbaus an der Museumskreuzung und und und. Auch das Projekt Skaterpark und ein Programmkino haben Aufnahme gefunden. Kann da jemand dagegen sein?

Bevor ich auf die Probleme komme: Ich finde fast jedes Projekt spannend und wünschenswert. Die notwendigen Investitionen wären zwar beachtlich, aber mit den richtigen Fördermitteln nicht undenkbar. Doch nach der Umsetzung der Vorhaben sehe ich einen relevanten Aufwuchs der laufenden Kosten, welcher die reale Haushaltslage nicht ansatzweise berücksichtigt. Für mich war seit meinem Mitwirken bei „Land braucht Stadt“ 2011 eine zentrale Aufgabe der Kulturentwicklungsplanung, die vorhandenen Mittel effektiv und breitenwirksam einzusetzen. Eine Orientierung auf Qualität und Konzentration hätte zwar auch schmerzhafte Einschnitte mit sich gebracht, aber neue Wege eröffnet. Jetzt liegt uns ein großer bunter Kulturkatalog vor, der alles möglich scheinen lässt. Am Ende muss aber jedes Vorhaben in den Haushalt. Dann beginnt die Arbeit an der Realität von Neuem.

Guido Fackiner
Bündnis 90/DIE GRÜNEN

Wir für Dessau-Roßlau