Stadt, Land, Zukunft?

16.02.2016 Wir halten es für legitim und nötig, ein paar Tage vor der Landtagswahl auf das Verhältnis unserer Stadt zum Land einzugehen und Erwartungen für die Zukunft zu formulieren. Da die Städte und Kreise in Sachsen-Anhalt nicht über eine ausreichende eigene Finanzierungsbasis verfügen, bleiben wir abhängig von Landeszuweisungen.

Landespolitische Entscheidungen haben in der jüngeren Vergangenheit durchaus positive Entwicklungen ermöglicht und eingeleitet. So ist es unserer Stadt in den letzten Jahren in erheblichem Umfang gelungen, durch eine konsequente Nutzung der STARK-Förderprogramme des Landes Schulden abzubauen. Waren 2007 noch 110 Millionen Schulden zu registrieren, sind es derzeit noch 42 Millionen. Noch drei Jahre binden uns die eingegangenen Verpflichtungen, dann sind die bis damals aufgelaufenen Schulden abgetragen. Mit der Kofinanzierung des Bauhausmuseums hat das Land Verantwortung für das Weltkulturerbe übernommen, die Aufwertung des Bauhauserbes zum 100. Geburtstag hin wird nicht nur in Weimar und Berlin erfolgen, sondern auch in Dessau-Roßlau.

Diesen positiven Punkten stehen aber eine Reihe negativer Entwicklungen entgegen, welche die Zukunft unserer Stadt gefährden, die dringend umzukehren sind. Immer wieder haben wir vom Land mehr Verantwortung für die Kultur eingefordert. Mit 14% Kulturausgaben werden unserer Stadt erhebliche Ausgaben überantwortet, die unsere Leistungsfähigkeit übersteigen, was die Erfüllung weiterer Aufgaben unverhältnismäßig erschwert oder ausschließt. Mit dem Anhaltischen Theater, der Anhaltischen Gemäldegalerie und der wissenschaftlichen Sammlung der Anhaltischen Landesbücherei tragen wir allein oder wesentlich gleich drei Einrichtungen, die zur Landeskultur und in den (finanziellen) Verantwortungsbereich des Landes gehören. Wenn dann noch die Förderung für das einzige der drei vom Land unterstützten Leuchtturmprojekte – das Anhaltische Theater – einseitig vermindert wird, geht die Entwicklung in die falsche Richtung. Das Oberzentrum Dessau-Roßlau ist auch an vielen anderen Stellen seit Jahren einer ständigen Erosion ausgesetzt, welche den Bestand gefährden. Mit der Schließung des Gefängnisses verlieren wir aktuell erneut eine Landeseinrichtung. Damit ist auch der Justizstandort wieder einmal in Gefahr. Hier erwarten wir ein klares Bekenntnis von der nächsten Landesregierung.

Das aus unserer Sicht größte Entwicklungshindernis für Dessau-Roßlau ist aber die Benachteiligung als Bildungsstandort. Mit ca. 1.600 Studenten ist Dessau-Roßlau nur ein Nebenort einer Hochschule. Über 20.000 Studierende können Halle und Magdeburg verzeichnen. Damit sind Universitäten und Hochschulen mit zahlreichen Forschungseinrichtungen und gut bezahlte Stellen verbunden, welche unserer Stadt abgehen. In einem aktuellen Ranking wachsender Städte abseits der großen Metropolen liegen allesamt Städte mit drei wichtigen Faktoren auf den vorderen Plätzen: Starke Universitäten, intensive Forschung, innovativ orientierte Firmen. So haben heute Städte wie Paderborn, Jena oder Weimar die demografische Entwicklung umgekehrt. Das geht auch hier. Mittelfristig muss Dessau-Roßlau Hauptort der Hochschule Anhalt werden. Wir fordern von der nächsten Landesregierung substanzielle Entwicklungsmöglichkeiten für den Bildungsstandort Dessau-Roßlau mit neuen innovativen Studiengängen und wachsenden Studentenzahlen.

Im nächsten Amtsblatt werden wir uns wieder auf die von uns in der Stadt direkt gestaltbaren Anliegen konzentrieren. Vorher gehen wir wählen – und Sie hoffentlich auch.

Guido Fackiner Fraktionsvorsitzender

Wir für Dessau-Roßlau